Minolta XG-9, Neubelederung.

Gestern bekam ich eine alte Minolta XG-9, die ich günstig in der Bucht erworben hatte. Gerade für dieses Modell scheint es sehr typisch zu sein, daß sich die Belederung vor allem vorne an der Leuchte des Zeitauslösers löst. Nahezu alle Kameras in der Bucht hatten dort Eselsohren an der Belederung. Also habe ich gleich eine neue Belederung bestellt. Die Kamera hier ist noch nicht gereinigt und der Spiegel ist bloß beschlagen, weil ich sie gerade aus dem Paket geholt hatte. Auch die fehlende Schraube vorne rechts an der Oberkappe wird noch ersetzt:





Die XG-9 gibt es so günstig, daß es sich einerseits lohnt, eine Neubelederung zu wagen und man andererseits sich nicht die Mühe machen muß, ewig nach einer tadellosen Kamera zu suchen. Ein fertig zugeschnittenes/ausgestanztes Set aus Kunstleder bekommt man für genau $17,60 (€ 13,41) samt Versand aus den USA hier:

Cameraleather.com.

Bestellung geht einfach, Bezahlung über Paypal. Der Verkäufer versendet sofort und das Set ist in wenigen Tagen da.
Ersteigert man also für etwa 1 - 5,- Euro eine XG-9, die ansonsten technisch und optisch gut ist und bestellt sich eine neue Belederung, kann man letztlich wirklich sehr günstig zu einem wunderschönen Fotoapparat kommen. Man bedenke, daß selbst noch tadellos belederte Exemplare dann ja doch irgendwann anfangen sich zu entfleddern und eine Neubelederung wäre bloß aufgeschoben. Dann also lieber gleich an's Werk.

Zunächst mache ich die Kameragurtösen ab. Die stören nicht mal so sehr beim Entfernen der alten Haut, wohl aber beim Beledern.



Die Rückwand bleibt beim Entledern dran, so kann man die Kamera deutlich besser halten. Ein Frontdeckel stört dagegen bloß, weil er sich beim befingern der Kamera doch öfter löst. Besser ablassen und schauen, daß man nicht mit den Fingern in den Spiegelkasten gerät.
Mit dem Entledern fängt man am Besten an irgendeiner Kante an. Abziehen geht meist leicht, denn die Eselsohren entstanden ja gerade weil sich der alte Kleber gelöst hat. Langsam abziehen, dann bleibt fast alles an der alten Haut hängen.


Beim Entledern meiner XG-9 zumindest, stieß ich vorne links auf eine dünne Aluminiumplatte, unter der sich eine Leiterbahn befindet, die komplett an der alten Belederung klebt. Diese habe ich mit einem kurzen Streifen Tesa fixiert.
Bevor ich es vergesse, das Tesa muß da so bleiben. Die Neubelederung klebt sehr aggressiv, so daß beim Trial and Error ständig diese kleine Platte hängenbleibt und wieder abgezogen werden muß. Dabei kann sich das dünne Aluminium leicht verbiegen. Also, besser gleich fixieren und das Ganze später so mit dem Neuleder zudecken. Die Lasche zum Abziehen am Tesa habe ich natürlich nicht so gelassen, die würde gewiß auftragen.



An der Rückwand blieb großflächig oder auch in Streifen alter Kleber hängen. Die Reste bekommt man supergut mit Haushalts-Brennspiritus ab. Dazu habe ich aber die Rückwand entfernt, damit kein Spiritus durch Ritzen in die Kamera gelangt. Und um diese besser halten zu können, habe ich dann auch die Fimandruckplatte entfernt. Das Filmmerkfenster kann bei der XG-9 dran bleiben, bei meiner XD-7 hatte ich es zum Beledern noch entfernt.



Die Platte ist bloß eingehakt. Auf der einen Seite horizontal, auf der anderen horizontal und vertikal. Indem man die Platte vorsichtig zur Seite (horizontal) drückt und zieht, hakt man sie aus den Nippeln aus.



Auf der anderen Seite muß man die Platte aus der horizontalen Fixierung drehen und dann vertikal aus dem letzten Nippel abziehen:


Mit dem Brennspiritus löst sich der alte Kleber endlich sehr gut und vollständig ab:


Danach beginnt das Neubeledern. Man bekommt von der Firma Cameraleather.com einen dünnen braunen Umschlag. In dem steckt auf Trägerfolie die Belederung, sowie ein paar dürre Hinweise auf Englisch.




Das Beledern ansich ist sehr einfach, aber ich brauchte beide Hände, daher gibt es keine Fotos. Es ist jedoch wirklich einfach und trotz der Warnung des Herstellers vor dem aggressiven Kleber, kann man durchaus mehrfach abziehen und neu anfangen. Dabei aber langsam und mit wenig Zug entfernen, um das Material nicht zu weiten. Um so wichtiger allerdings, daß man auf einer sehr sauberen Kamera arbeitet, denn Reste des alten Klebers wären beim abziehen fatal und müßten mühsam von der Klebeoberfläche entfernt werden. Wo man anfängt ist fast egal, man sollte es bloß nicht mittendrin machen, sondern an einer Kante. Fast so wie beim Abledern, wo man zweckmäßigerweise auch an einer Außenkante beginnt. Quasi als Übung dient sich die Rückwand an, wo man lange Kanten und große Flächen hat um sich die wenigen nötigen Fertigkeiten anzueignen. Beim Filmmerkfenster muß man die Belederung mit den Fingernägel etwas unter den Fensterrahmen drücken, das war's. Das weißliche am Fensterrahmen sind Kleberreste, die ich noch entferne.


Der Rest geht an der XG-9 genau so einfach, man muß aber an den Ösen usw. etwas mehr fummeln als an der Rückwand. Allerdings gab es beim Zuschnitt der XG-9 ein kleines Problem. Evtl. war es der Zuschnitt für ein anderes Modell, oder es ist ein allgemein gehaltener Zuschnitt für die älteren XG - Modelle (die neuere XG-M hat den ganz anderen Body einer X-700 etwa). Jedenfalls fehlte die Ausparung in der Belederung, wo sich an der Kamera der Abblendhebel befindet. Die Ausparung schnitt ich selbst heraus, indem ich das alte Belederungsstück auf das neue klebte und dann ausschnitt.




Hat man keine langen Fingernägel, sollte man an den Spitzen der Belederung diese mit einem spitzen Messer oder ähnlichem in die feinen Winkel etc. drücken. An den Kanten die neue Belederung gut festdrücken, denn dort löst sich alte Belederung immer zuerst.



Das Ergebnis läßt sich sehen, vor allem im Vergleich mit dem Foto vorher. Man sieht aber auch, wie ähnlich die neue Belederung dem Original ist:



Auch die Rückseite sieht wieder sehr gut aus.


Ich denke, je nach Allgemeinzustand lohnt sich eine Neubelederung in vielen Fällen. Vor allem wenn es ein liebgewonnenes Schätzchen wie z. B. die erste Kamera ist. Ob es noch andere Anbieter für Belederungen gibt weiß ich nicht, da ich mit meinem sehr zufrieden bin suchte ich nicht weiter. Man muß bei Cameraleather.com aber vorher in der Liste schauen, ob das jeweilige Modell angeboten wird. Für eine Chinon fand ich z. B. nichts. Man sollte dann nachfragen was geht. Größere Stücke zum selbst ausschneiden werden auch angeboten, aber das dürfte weit schwieriger zu bewerkstelligen sein. Richtig schwierig wird es gewiß bei echtem Leder, das ja wohl etwas dickwandiger und evtl. weicher sein dürfte.
Viel Glück.

Ciao



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