Vivitar Series 1 70-210mm f/3,5 Macro Focusing Auto Zoom

Ein langer Name für ein altes Objektiv. Ich bekam es quasi als Beifang zu einer Nikon EL2, zusammen mit einem anderen Series1 Objektiv. Auf das andere, ein 24-48mm, gehe ich an einem anderen Tag vielleicht einmal ein, das 70-210mm hat mich doch mehr beeindruckt.

Mancher kennt noch Vivitar Objektive von früher, es gab sie vor allem in den 70'er bis 80'er Jahren zuhauf. Vivitar Kameras gab es auch und gibt es auch heute noch. Auch verschiedene Objektive sind im Angebot. 
Deutlich weniger Menschen wissen wohl, daß Vivitar gar kein Hersteller ist, sondern bloß Reseller. Ähnlich wie Hanimex oder Soligor, oder früher in Deutschland etwa Porst oder Revue (Quelle), hat Vivitar immer herstellen lassen.
Es gab eine Menge heute teils wirklich grottiger Gläser, die analog damals gerade so befriedigen konnten. Das hat Vivitar mit vielen Soligor Gläsern gemein und hat Vivitar leider auch immer in der Billigecke erscheinen lassen. 

Es gab aber auch die "Serie 1" Objektive, bei denen die 1 für Erstklassig stand und die von teils sehr namhaften Herstellern für Vivitar gefertigt wurden. Kiron (Kino), Komine und Tokina stehen als Beispiele für qualitativ anerkannte und sehr renommierte Objektivhersteller als Zulieferer für Vivitar. Selbst von Olympus soll es mindestens ein zugeliefertes Exemplar geben. Entsprechend hoch waren natürlich auch die Preise.

Die Zahl der von Vivitar vertriebenen Objektive ist recht hoch und die Hersteller nicht immer einfach zu benennen. Zudem gab es über die Jahre verschiedene Versionen und Hersteller gleicher Brennweiten. 
Im amerikanischen Wikipedia Eintrag zur Firma läßt sich nähres erfahren:

Vivitar - Wikipedia 

Wenn man den Eintrag über Hersteller Kiron als Fabrikanten meiner zwei Vivitar liest, kann man leider wenig mehr erfahren:

Kiron - Wikipedia

Aber hier gibt es wieder mehr über Vivitar:

Photoscala - Vivitar 

Ken Rockwell hat sich über genau das unten gezeigte 70-210 recht positiv ausgelassen (es gibt noch eine andere Version von Tokina als Hersteller):

Ken Rockwell - Vivitar 70-210 3,5

Ich bekam das ganze Set für genau 100,- Euro. Und zwar bestehend aus einer wunderbar erhaltenen Nikon EL2, dem Vivitar Serie 1 70-210mm, einem Vivitar Serie 1 24-48mm f/3,5, einem uralten und defekten Metz Blitz, sowie einer gleichfalls uralten Kameratasche. Die Kamera ist top in Ordnung, wird lediglich demnächst neu abgedichtet. Es ist übrigens nicht die in diesem Artikel abgebildete, denn diese ist in etwas schlechterer Erhaltung (funktioniert aber tadellos). 
Das Objektiv ist zwar recht schwer, es ist aber auch wirklich vom Feinsten verarbeitet. Wer z. B. Tokinas Linsen kennt, wird sich wundern, daß es nochmals besser geht. Alles geht exakt und geschmeidig, nichts hakelt oder klemmt (beim 24-48mm mußte allerdings die Blende gängig gemacht werden). Lediglich hinter der einfach zu enfernenden Frontlinse gab es einen feinen Belag, als wenn sie dort mal beschlagen gewesen wäre. Das ließ sich sehr gut entfernen.
Für ein 70-210mm ist das Objektiv etwas größer geworden als zeitgenössisch üblich, ohne aber riesig zu sein. Es ist halt etwas krätiger gebaut und hat 67mm Filterdurchmesser wo andere 62mm haben. An der EL2 hat man damit schon etwas zu tragen. 
Lediglich auf dem metallenen Deckel gibt es äußerliche Gebrauchsspuren:


Das Objektiv hat einseitigen Zoomcreep. Wenn die Kamera nach unten hängt gleitet der Zoomring von selbst hinab, was bei einem schweren Schiebezoom kaum verwundert. Interessanterweise bleibt der gleiche Ring aber oben wenn man es aufstellt:



Rechts und links oberhalb des Blendenringes sieht man die Griffe, um das Glas in die Makrofunktion zu drehen, worauf ich gleich eingehe. Man sieht auch sofort an den typischen "Mäuseohren" (Blendenmitnehmer), daß es (auch) für Nikons der Pre-Ai Aera gedacht ist. Beim anflanschen mußte man den Mitnehmer einführen (auf Blende 5,6) und dann jeweils einmal vor und zurückdrehen, oder andersherum, so wurde der Kamera der Blendenumfang mitgeteilt:




Rechts davon und hier besser zu sehen ist der weit komfortablere Ai - Blendenmitnehmer zu sehen, das kleine dunkelmetallene und rechteckige Stück gegen das die Aussparung am Blendenring drückt:


Das Vivitar ist also für ältere wie neuere Nikon vorgesehen gewesen und stammt von daher etwa von Ende der 70'er Jahre oder eher später.
Links am Objektiv (vom Fotografen hinter der Kamera aus gesehen) ist ein weißer rechteckiger Knopf, der den Makromodus entriegelt. Dafür muß man allerdings den Zoomring ganz zur Kamera schieben und den Fokus auf Unendlich stellen. Dann kann man die zwei dicken Griffe nach links drehen:


Klingt etwas kompliziert und ist es auch, aber es funktioniert. Hier sieht man dann wie es im normalen (oben) und im Makromodus aussieht:



Alles was man in den Fotos auf dem Objektiv sieht ist Staub oder sind Schrauben oder Kanten, es gibt keine Beschädigungen. Die Gläser sind jetzt sauber, soweit man das bei einem Schiebezoom sagen kann, daß ja nicht umsonst auch Luftpumpe genannt wird:


Auch hinten überall Bestzustand und bloß am Blendenhebel sieht man, daß es überhaupt jemals gebraucht wurde:


An der D610 sieht man die Größe, die doch etwa über einem AF Nikkor 70-210mm liegt. Da kann mich aber die Erinnerung trüben, ich habe es jedenfalls kompakter in Erinnerung:


Die eigentliche Funktion des Telezoom habe ich noch gar nicht wirklich ausprobiert, mich hatte gleich der Makromodus fasziniert, denn der funktioniert wirklich. Einmal auf Makro geschaltet hat man über den ganzen Zoombereich eine Makrofunktion. Scharf gestellt wird dabei mehr durch Zoomen als durch das Drehen am Fokusring. Je weiter man nach Richtung vorne und damit gegen die 70mm schiebt, desto näher kommt man an das Motiv heran. 
Und man meint es kaum, aber es ist schon offenblendig richtig scharf. Hier Beispielfotos, mit der D610 gemacht. Nebenbei fällt übrigens ein Sahnebokeh auf und, daß es kaum Farbsäume gibt:





Hier ein Crop, der Schärfebereich ist natürlich sehr gering. Das braune ist übrigens kein Rost, sondern Verkupferung unter der Chromschicht. Jemand hatte mal versucht etwas wegzuschleifen oder wegzubürsten und hat dabei leider vorne und hinten die Chromschicht bis aufs Kupfer abgerieben:


Wie auch immer, das Vivitar ist ein erstaunliches und interessantes Glas. Offenblendig so scharf, das bekommt man nicht oft. Bei schönerem Wetter und mit Zeit werde ich die Offenblendentauglichkeit als Telezoom einmal ausprobieren. Und ich melde mich auch noch mit dem anderen Vivitar, dem 24-48mm.

Ciao

Nachtrag vom  22.02.2015:

Das andere Vivitar habe ich gestern verkauft, es paßte vom Brennweitenbereich her nicht so wie das 70-210mm.

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